I Einleitung
Die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers sieht sich mit großen Herausforderungen konfrontiert:
- Rückgang der Mitgliederzahlen und steigende Kirchenaustritte, insbesondere unter jungen Menschen.
- Finanzielle Engpässe, mit einer prognostizierten Einnahmereduzierung von 25 – 30 % bis 2035.
- Gesellschaftlicher Wandel, der zu einer Individualisierung und Pluralisierung des Glaubens führt.
Um diesen Entwicklungen zu begegnen, wurde in der 26. Landessynode eine umfassende Neuausrichtung beschlossen. Ziel ist es, die Handlungsfähigkeit der Kirche zu erhalten und ihren Auftrag zeitgemäß umzusetzen.
Orientierung am Kybernetischen Dreieck
Die Planung erfolgt nach drei zentralen Dimensionen:
- Auftrag: Die Verkündigung des Evangeliums, Seelsorge und die Förderung christlicher Gemeinschaft sind zentrale Aufgaben der Kirche.
- Kontexte: Die Gesellschaft wird zunehmend säkular, multikulturell und digital. Kirche muss neue Wege finden, Menschen zu erreichen.
- Ressourcen: Finanzielle Mittel, Kirchenmitglieder und Personal sind begrenzt, was gezielte Priorisierungen erforderlich macht.
II Beratungsgang
Die vier Schwerpunkte
Um eine zukunftsfähige Strategie zu entwickeln, wurden vom Schwerpunkteausschuss vier zentrale Schwerpunkte definiert.
Seele stärken
- Kirche hat die Aufgabe, Menschen in Krisen seelisch zu unterstützen.
- Kirche trägt in der Vielfalt der Lebensereignisse insbesondere mit ihrer Kasualpraxis, Seelsorge, Segensgesten, Musik und Symbolen zur Stärkung der Seele bei.
Anfänge des Glaubens ermöglichen
- Konfirmandenarbeit, Religionsunterricht und Jugendgruppen haben eine prominente Rolle bei der Herausbildung der religiösen Identität.
- Doch auch über dieses Alter hinaus hat Kirche die Aufgabe, Glaubensanfänge zu ermöglichen. Glaube und Religion sind im säkularen Zeitalter "Option" geworden (Charles Taylor). Die Option zu fördern, bedarf einer behutsamen Begleitung und niedrigschwelligen Ermöglichung.
Sozialraumorientierung
- Kirche soll nicht als isolierte Institution agieren, sondern sich als Teil der Gesellschaft verstehen.
- Kooperationen mit Kommunen, Vereinen und anderen Organisationen sollen ausgebaut werden.
- Besondere Herausforderungen gibt es im ländlichen Raum (fehlende Infrastruktur) und in Städten (Anonymität, soziale Ungleichheit).
Klimaschutz & Gebäudemanagement
- Kirchliche Gebäude sind einerseits ein Schatz, andererseits eine finanzielle Belastung.
- Die Kirche muss sich den Klimaschutzanforderungen stellen und ihren Gebäudebestand nachhaltig sanieren.
- In vielen Fällen müssen Gebäude verkauft oder umgenutzt werden.
- Maßnahmen: Erstellung eines strategischen Gebäudemanagementplans, Förderung von energieeffizienten Kirchen, Entwicklung von Nutzungskonzepten für leerstehende Gebäude.
III Anfänge des Glaubens ermöglichen; Fokussierung kirchlicher Arbeit
Der Grundsätzeausschuss hat die vom Schwerpunkteausschuss vorgeschlagenen Schwerpunkte übernommen und ihnen unterschiedliche Rollen zugewiesen. Die kirchliche Arbeit soll sich künftig primär auf Glaubensanfänge konzentrieren, wobei Aspekte wie Sozialraumorientierung, Gebäudemanagement und Klimaschutz immer auch mitberücksichtigt werden sollten.
Somit wird der Schwerpunkt „Anfänge des Glaubens ermöglichen“ als Priorisierung bis 2035 festgelegt. Dieser Schwerpunkt betont unmittelbar den christlichen Auftrag und die Verheißung des Glaubens und stärkt den Fokus der Kirche als zentrale Sozialisationsinstanz, gerade in einer zunehmend säkularen Gesellschaft.
Im Gegensatz dazu wurden die anderen Schwerpunkte nicht als vorrangig gewählt, weil sie entweder zu weit gefasst sind (wie „Seele stärken“, was in nahezu allen Bereichen kirchlicher Arbeit zu finden ist) oder weniger direkt die Entstehung von Glaubensbiografien ansprechen. Der Schwerpunkt „Sozialraumorientierung“ ist zwar wichtig, richtet sich jedoch eher darauf, wie Kirche ihre Arbeit gestaltet, anstatt explizit Glaubensanfänge zu fördern. Auch das „Gebäudemanagement“ und der „Klimaschutz“ sind relevante Themen, aber sie betreffen primär die Rahmenbedingungen der kirchlichen Arbeit und nicht unmittelbar den Kernauftrag, den Glauben zu vermitteln. Deshalb wird „Anfänge des Glaubens ermöglichen“ als der entscheidende Schwerpunkt betrachtet, um den kirchlichen Auftrag gezielt und wirksam zu gestalten.
IV. Weiterarbeit
Umsetzung & Zeitplan
Die Umsetzung erfolgt in mehreren Phasen:
-
Diskussions- und Planungsphase (bis Mitte 2025):
- Beteiligung der Kirchenkreise, Kirchengemeinden und Einrichtungen an der Neuausrichtung.
- Sammlung von Stellungnahmen und Ideen.
-
Grundsatzentscheidung der Landessynode (Herbst 2025):
- Beschluss über die strategische Ausrichtung und konkrete Maßnahmen.
-
Schrittweise Umsetzung (bis 2035):
- Anpassung der Finanzstruktur und Priorisierung von Projekten.
- Reduzierung von Kosten um ca. 30 %, insbesondere im Bereich Personal und Gebäude.
- Förderung innovativer Konzepte wie digitale Seelsorge, neue Gottesdienstformate und verstärkte Jugend- und Familienarbeit.
V. Anträge
Der Grundsätzeausschuss bittet die Landessynode, den Bericht zu den "Anfängen des Glaubens ermöglichen" zu unterstützen und die Weiterarbeit bis März 2025 zu fördern. Zudem sollen Arbeitsgruppen und Ausschüsse bis dahin Eckpunkte für die Ausrichtung und Finanzplanung erarbeiten sowie digitale Beteiligungsformate entwickeln. Abschließend wird um einen Bericht über den Stand des Zukunftsprozesses auf der nächsten Landessynode gebeten.